Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung seiner Hepatitis B-Erkrankung als Berufskrankheit 3101. Der 2. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung am 22. Juni 2023 in Angelegenheiten des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Beteiligten streiten über die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nummer 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war ‑ Berufskrankheit 3101).

Der 1969 geborene Kläger war von 2013 bis 2018 Mitglied und Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr. Während dieser Tätigkeit verrichtete er nicht nur klassische Löschtätigkeiten, sondern versorgte auch Verkehrsunfallverletzte und im Bereich der Bergrettung Personen, die im Rahmen von Wanderungen, Kletteraktionen oder beim Gleitschirmfliegen verunglückten. Im Oktober 2017 wurde bei ihm eine Hepatitis B-Erkrankung diagnostiziert, die er auf seine Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr zurückführt. Die Beklagte lehnte die Feststellung eines Arbeitsunfalles ab. Die hiergegen vor dem Sozialgericht erhobene Klage ruht.

Die Beklagte lehnte auch die Feststellung einer Berufskrankheit ab. Das Sozialgericht hat festgestellt, dass bei dem Kläger eine Berufskrankheit 3101 vorliegt. Die erforderliche erhöhte Infektionsgefahr sei auf die Übertragungsgefahr der ausgeübten Rettungstätigkeiten (zum Beispiel unvermeidbarer Kontakt mit Blut und sonstigen Körperflüssigkeiten, insbesondere Schweiß, Erbrochenem und Tränenflüssigkeit beim Bergen von Personen aus schwierigem Gelände) zurückzuführen. Das Landessozialgericht hat die Klage nach weiteren Ermittlungen abgewiesen. Der Kläger sei bei seinen konkret ausgeübten Tätigkeiten nicht in ähnlichem Maße einer konkreten Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen wie die im Gesundheitsdienst Tätigen.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 9 SGB VII in Verbindung mit der Berufskrankheit 3101.

Die Revision des Klägers war erfolgreich. Das Landessozialgericht hat der Berufung der Beklagten gegen das zusprechende Urteil des Sozialgerichts zu Unrecht stattgegeben.

Der Kläger war durch seine Tätigkeit als ehrenamtliches Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr der Gefahr einer Infektion mit Hepatitis B in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt wie die im Gesundheitsdienst Tätigen.

 Bei den Tätigkeiten der Freiwilligen Feuerwehr (Retten, Löschen, Bergen und Schützen) besteht nach den Feststellungen der Vorinstanz ein Gesundheitsrisiko hinsichtlich der Kontamination mit Blut und anderen potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten und insoweit eine abstrakte Gefahrenlage. Die erforderliche besondere Infektionsgefahr ergibt sich zwar nicht schon aus einer erhöhten Durchseuchung des Umfeldes bei der Freiwilligen Feuerwehr. Sie ergibt sich aber aus der Übertragungsgefahr der konkret ausgeübten Tätigkeiten bei Einsätzen mit Personenkontakt und dem dabei im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich höheren Infektionsrisiko. Beim Bergen und Retten in den Bergen ist insoweit von einem ähnlich hohem oder sogar höherem Infektionsrisiko bezüglich des Hepatitis B-Virus auszugehen wie/als bei der Behandlung von Patienten im Krankenhaus. Hinsichtlich solcher Tätigkeiten im Gesundheitswesen ist eine Infektionsgefahr, die im besonderen Maß über der Infektionsgefahr in der Gesamtbevölkerung liegt, allgemein anerkannt.

 Auf eine konkret nachgewiesene Infektionssituation oder eine bestimmte Anzahl von Einsätzen mit Kontakt zu verletzten Personen kommt es für die Anerkennung der Berufskrankheit 3101 nicht an.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Koblenz, S 15 U 194/19, 03.06.2020
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, L 2 U 117/20, 22.03.2021

(B 2 U 9/21 R Bundessozialgericht)